Herbert Desel

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Zurzeit Berichte über Ausstellungsbesuche 2023, die Freunde interessieren könnten

 

2023-03-02

Ausstellung Pardon - Teuflische Jahre


Caricatura-Museum, Museumsufer Frankfurt/Main


Die Ausstellung illustiert in vielen Details das gut 20-jährige Projekt "Pardon" von 1964 bis 1984. Die Zeitschrift hat das damalige politische Geschehen provokativ kommentiert und in Teilen sogar durch spektakuläre Aktionen mitgestaltet. Schwerpunkte der satirischen Berichterstattung waren konservative Politiker mit Nazi-Vergangenheit, kirchliche Würdenträger mit konservativen Einstellungen und Handlungen, Umweltthemen wie z.B. die Nutzung der Atomkraft (seinerzeit noch ganz neu) und die Bild-Zeitung als laufend attackierter politischer Gegner.

Erich Kästner und Loriot waren bekannte "Geburtshelfer" der Publikation, die zwischenzeitlich in bis zu 300.000 Exemplaren verkauft wurde und damals die erfolgreichste Satirezeitung Europas gewesen sein soll. Viele heute (noch) bekannte Karikaturisten waren an der Pardon beteiligt.

Neben vielen Plakaten (darunter viele Titelblätter) wurden wenige Cartoon vergrößert präsentiert. Daneben gab es ein große Zahl von Zeichnungen in Originalgröße, darunter auch viele Originalzeichnungen, die jedoch nich alle im Rahmen unseres Besuches angesehen und verdaut werden konnten. 

Eine Interessante, kurzweilige Ausstellung, allerdings durch die große Zahl kleiner Zeichnung recht anstrengend und zum Ende hin etwas ermüdend. Wünschenswert wäre noch gewesen, wenn bei Themen Bezüge zu aktuellen politischen Auseinandersetzung hergestellt worden wäre - Anknüpfungspunkte dafür gab es wahrlich genug.

Dass die Ausstellung sich auch im vierten Stock des Museum fortsetzte und dort Möglichkeiten zum Relaxen bei Lektüre alter Pardon-Hefte geboten wurden haben wir leider erst herausgefunden als wir das Haus bereits wieder verlassen hatten ...

 


2023-01-19

Surrealismus und Magie. Verzauberte Moderne 2023-01-19

Museum Barberini, Potsdam


Ich lernte, dass Surrealismus eine Bewegung vorwiegend der 1920er Jahre bezeichnet, durch eine Publikation (Manifest) begründet vom Schriftsteller André Breton in Paris. Schwerpunkt der Bewegung war eine Thematisierung von Traumerfahrungen und unbewussten Wahrnehmungen (Irrealität?) in verschiedenen Bereichen der Kunst, hier insbesondere in der Malerei. Im einer surrealen Weltsicht gibt es keine Trennung zwischen Realität und einer "Irrealität". Ein Einwirken des Irrealen auf die Realität erfolge laufend. Die Künstler(innen?) sahen sich als Vermittlungspersonen dieser Weltsicht mit besonderen Fähigkeiten zur Wahrnehmung des Nichtrealen ausgestattet, was sie zu kreativem Schaffen ohne Zwang rationaler Reflexion befähigte. Unerwartet fand ich das vollständige Fehlen von Bezügen zu Religionen, insbesondere zu christlicher Weltsicht, sowohl in der surrealen Weltsicht als auch in den Texten der Ausstellung, obwohl dies m. E. gedanklich nahegelegen hätte.


Methodisch auffällig war die prominente Verwendung von Symbolen aus dem Bereich okkulter/magischer und alchemistischer Praktiken sowie daneben auch von Begriffen aus der Theorie der seinerzeit offenbar sehr populären Psychoanalyse. Tarot-Karten wurde z. B. häufig thematisiert. Dies erschwerte mir den Zugang, da ich mit dieser Symbolik nicht vertraut bin. Es gab völlig gegenständliche, abstrakte und teilabstrakte Werke. Neben Malerei wurden auch Collage-Techniken verwendet.


Eingebettet ist die Praxis dieser Kunstrichtung in die politisch instabile Zwischenkriegszeit, in der ein Loslösen von der Vergangenheit, ihren Gewohnheiten und Regeln und eine Einbettung der realen Welt in etwas Größeres, mutmaßlich Wichtigeres und hoffentlich Besseres, nachvollziehbar als befreiend erlebt werden konnte. In einer - trotz großer aktueller Krisen - vergleichsweise politisch stabilen Gegenwart 2023 wirkt die radikale Abkehr von der realen Welt mit ihren aktuellen Gewohnheiten und Regeln auf mich befremdlich.


Im Ankündigungstext wurden namentlich erwähnt Giorgio de Chiricos, Max Ernst (Gemälde "Einkleidung der Braut", 1940), Leonora Carrington und Remedios Varo.
Eine beeindruckende - und bedrückende - Ausstellung.